Hundeschule Rhein-Wupper coporate

Welpenerziehung – „Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr“?

Wir werden immer wieder von Welpenbesitzern gefragt, was neben der Stubenreinheit mit dem neuen Familienmitglied alles gleich zu Beginn geübt/trainiert werden soll. Frei nach dem Motto „Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr.“Viele sind enttäuscht, wenn wir dann Antworten geben wie Zusammengehörigkeit, Ruhe, Respekt und Akzeptanz, das Alleine bleiben und vor allem sollte er die Welt und Ihren Alltag kennenlernen und seinen Platz darin! An diesen Themen orientiert sich ein Welpenkurs bei uns zunächst. Nicht, weil wir Kommandos wie Sitz, Platz, Hiiiiiiier oder Fuß überflüssig finden, sondern weil in diesem zarten Welpenalter erst einmal der Grundstein für ein gutes Miteinander gelegt werden muss, bevor man darauf Kommandos aufbaut, die später vor allem zuverlässig klappen sollen.Es ist klar, die Erwartung der Besitzer war eine andere Antwort. Und so kommt es, dass 9 Wochen alte Welpen schon Sitz, Platz, bei Fuß und Hiiiiiiiier „können“.  Oder Hundebesitzer nach der ersten Welpenstunde bei uns lieber in einen Hundeverein oder in eine Hundeschule wechseln, wo schon 9 Wochen alte Hunde auf einem Übungsplatz korrekt in Reih und Glied auf der linken Seite neben dem Fuß sitzen bleiben müssen, während ein anderer Welpe bei Fuß geht. „Denn dort wird wenigstens trainiert!“

Es ist natürlich nicht schlimm, dass ein so junger Welpe schon Vokabeln lernt (denn in diesem Alter sind Kommandos für einen Hund nichts anderes, als Vokabeln 😉) und es ist auch eher positiv für alle, wenn Frauchen/Herrchen sich mit dem Hund beschäftigt, ihn fordert und fördert. Dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden, wenn dies nicht unter falschen Voraussetzungen passiert.

Unsere Kritik an diesem Vorgehen sind eher die folgenden zwei Voraussetzungen:

  1. Diese Form von Erziehung geschieht unter völlig falschem Anspruch

daraus resultiert:

  1. Die wirklich wichtigen Grundlagen werden übersehen und nicht trainiert

Zu 1. Falscher Anspruch:

Der Anspruch, der den Besitzern im Kopf ist, ist vor allem, „wenn er das jetzt lernt und wir fleißig üben, kann er es später umso perfekter“. Und sie werden ja zunächst auch belohnt, denn ein Welpe ist gelehrig wie ein trockener Schwamm, den man ins Wasser legt. Er saugt förmlich alles auf und lernt sehr schnell. Nahezu jeder Welpenbesitzer ist begeistert von der Intelligenz seines Hundes! „Nach zwei Übungen konnte er schon Sitz!!!“ Wenn wir dann sagen, dass alle Welpen so intelligent sind, wird so manches Gesicht schon mal enttäuscht länger…☹

Ich vergleiche dieses Vorgehen immer mit einem Kindergartenkind, das mit 4 Jahren schon chinesisch lernt. Es ist sehr intelligent und lernt sehr schnell diese Fähigkeit/Sprache. Würde man nun daraus den Anspruch ableiten, dieses Kind wird sicher sehr gut erzogen und ein toller Mensch im Miteinander? Nein, natürlich nicht 😊

Und so kommt es, wie es kommen muss, im Alter von 4-6 Monaten kippt einem dieses Erziehungskonzept beim Hund auch auf die Füße. Plötzlich steht Frauchen/Herrchen allein auf der Wiese und kann fünfzehn Mal „HIIIIIIEEER“ rufen und Hänschen spielt dennoch weiter. Was ist passiert? Wie kommt das? Jetzt wird in aller Regel gesagt „Hänschen ist abgelenkt“ oder „pubertierend“. Beides mag nicht falsch sein, aber es ist dennoch nicht der Grund für diese Entwicklung. Denn als einzige Lösung fällt den Besitzern ein, noch viel mehr zu trainieren und endlich strenger zu werden.  Aber die Entwicklung ist weder mit Härte noch mit mehr Training aufzufangen!!! Ganz im Gegenteil, denn mit Strenge und Härte sowie noch mehr langweiligem Training (weil er es ja sowieso schon längst verstanden hat) machen sich die Besitzer in dieser Phase eher zum totalen Spielverderber und Miesepeter beim Hund. Die Beziehung Hund / Halter leidet.

Denn was ist tatsächlich passiert?

Zu 2. Die wirklich wichtigen Grundlagen wurden übersehen und nicht geübt:

Wir sagen, Ihr Hund kann zwar alle Kommandos, aber er hat schlicht JETZT GERADE keine Lust sie für Sie auszuführen. Das ist durchaus verständlich, denn das Spiel mit einem Kumpel ist nunmal besser. Er hat Besseres zu tun und respektiert Ihre Entscheidung schlicht nicht, weil er dann sein Bedürfnis nicht mehr weiter befriedigen kann. Ihr Hund ist ein kleiner Egoist geworden, der das auch durchzieht und gelernt hat, dass dies auch gut so für ihn ist, denn er kann ja auch erstmal noch eine Weile weiter spielen 😉.

Beispiel: Das Kindergartenkind spricht fließend chinesisch und wirft sich aber trotzdem trotzig auf den Boden und tritt um sich, wenn es den Lolly an der Supermarktkasse nicht bekommt! Es möchte nicht einsehen, dass der Lolly verwehrt wird und kann die Entscheidung auch nicht respektieren. Es ist ein kleiner Egoist geworden, der das auch durchzieht, weil er gelernt hat, dass dies auch gut so für ihn ist und manchmal zum Erfolg führt 😉.

Es hapert an den Grundlagen für einen guten Umgang miteinander.

Beim Hund hapert ein zuverlässiger Gehorsam häufig an der Beziehung zueinander: mangelndem Respekt vor den Entscheidungen von Frauchen/Herrchen, mangelnde Akzeptanz und kaum vorhandener Frustrationstoleranz. Und die Besitzer können noch so viel Sitz, Platz, bei Fuß gehen trainieren – ein Hund, der im Alltag nicht grundsätzlich lernt, dass die Welt sich eben auch manchmal nicht um ihn und seine Bedürfnisse dreht, dass er leider auch mal seinen Willen hintenanstellen muss, dass dies aber gar nicht so schlimm ist, wird auch nach 1 Million Mal trainieren nicht zuverlässig reagieren.

Die Grundlagen für ein gutes Miteinander und vor allem zuverlässigen Gehorsam (respektiere mich und meine Entscheidungen) lernt ein Hund in Kommandos eben nur am Rande mit. Beziehung bildet sich im alltäglichen Umgang miteinander und nicht beim Üben von Kommandos.

Ähnlich wie das sechsjährige Kind zwar die förmlichen Umgangsformen inzwischen auf chinesisch sprechen kann, aber dennoch nicht einsehen und akzeptieren kann, dass es jetzt gerade keinen Lolly bekommt. Weil dies eben zwei völlig verschiedene Paar Schuhe sind.

Respekt, Akzeptanz und Frustrationstoleranz lernt man viel eher im Leben, im Alltag mit seinem (Mit-) Menschen und genau so sollte auch die Welpenerziehung starten.

Jeder Welpenkurs sollte damit beginnen, wie man diese Aspekte im Alltag und Zusammenleben einbaut.

Beginnen Sie damit ein gutes Miteinander zu leben! Gute Techniken für Kommandos sind auch wichtig, aber die beste Technik nutzt am Ende alleine nichts, wenn ihr Hund sich grundsätzlich nur nach seiner eigenen Lust richtet.

Legen Sie den Grundstein für eine gute Erziehung. Schulen Sie bei ihrem Welpen weniger sein Wissen als viel eher den Charakter, seine Einstellung zum Leben und seine Ansprüche an das Leben.

Dann lernt Hans mit Leichtigkeit auch noch im Alter von 4, 5 oder 6 Monaten perfekt Sitz & Platz, Leinengehen und den Rückruf – aber perspektivisch eben zuverlässig 😉.

© by Gabi Klaassen, www.hundeschule-rheinwupper.de

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